Ehemaliger Richter am Bundesverwaltungsgericht zu 9/11

Der am 21.08.2019 verstorbene Jurist Dieter Deiseroth (1950-2019), ehemaliger Richter am Bundesverwaltungsgericht, beantwortete im Jahr 2009 bei Telepolis Fragen zum 11. September 2001 und kommt zu ganz anderen Wertungen, als es durch den offiziellen Bericht der US-Regierung verlautbart wird. Er bezeichnet diesen Bericht als „offizielle Verschwörungsversion“.

„Telepolis: Es gab die 9/11 Kommission, die, so zumindest die offizielle Lesart, aufgezeigt hat, dass die Anschläge in Afghanistan von Osama Bin Laden und den von ihm gesteuerten Al Qaida-Netzwerken ausgearbeitet worden sind.

Dieter Deiseroth: Die Ergebnisse und Schlussfolgerungen der 9/11-Untersuchungskommission sind zu hinterfragen. Die Kommission bestand ganz überwiegend aus Personen, die der Bush-Regierung sowie dem militärisch-industriellen Komplex und den Geheimdiensten sehr nahe standen. Das galt auch für Henry Kissinger, dem zuerst der Vorsitz in der Kommission angetragen worden war, der dann aber bald zurücktreten musste, weil die Öffentlichkeit und große Teile des Kongresses seine Unabhängigkeit massiv in Frage stellten.

Bis heute, also mehr als 8 Jahre nach 9/11, hat keine unabhängige Stelle, kein unabhängiges Gericht, die zur Verfügung stehenden angeblichen oder tatsächlichen Beweise überprüft und nachprüfbar in einem rechtsstaatlichen Anforderungen genügenden Verfahren festgestellt, wer für die Anschläge von 9/11 verantwortlich war. Was auf keinen Fall geht, ist zu sagen, die Beweisführung ist schwierig; es ist uns zu mühsam, die Täter bzw. mögliche Hintermänner zu ermitteln und dingfest zu machen. Deshalb umgehen wir diese rechtsstaatlichen Schwierigkeiten und fangen einen Krieg an, um mögliche Tatverdächtige mit militärischer Gewalt direkt unschädlich zu machen, also zu töten. Es darf in einem Rechtsstaat nicht sein, dass man auf die erforderlichen Maßnahmen der Ermittlung von Verdächtigen, ihre Dingfestmachung und eine Anklageerhebung vor einem unabhängigen Gericht verzichtet oder jedenfalls davon Abstand nimmt und stattdessen einen Krieg ausruft, ein fremdes Land bombardiert und militärisch besetzt, in dem sich Tatverdächtige oder mögliche Hintermänner befinden sollen.

Telepolis: Wie schätzen Sie die vielen Zweifel an der offiziellen 9/11-Version ein?

Dieter Deiseroth: Die von der Bush-Administration angeführten angeblichen oder tatsächlichen Beweise für ihre offizielle 9/11-Version ist, wie gesagt, bisher nie von einem unabhängigen Gericht geprüft worden. Das wurde verhindert. Wer sich näher mit der offiziellen Version einer „Surprise-Verschwörung“ (von Osama Bin Laden und vom Al Qaida-Netzwerk gesteuerter Attentäter) auseinandersetzt, wird feststellen, dass man es mit vielen unbewiesenen Behauptungen zu tun hat, von denen einige mehr, andere weniger plausibel erscheinen. Warum werden die Beweise nicht vorgelegt? Warum gibt es wegen 9/11 keinen Haftbefehl gegen Osama Bin Laden? Es sollte deshalb in jedem Falle schleunigst auf strikt rechtsstaatlicher Basis überprüft werden, ob die offizielle Verschwörungs-Version, wie sie seit 8 Jahren gegenüber der Öffentlichkeit als Wahrheit ausgeben wird, auch tatsächlich der Wahrheit entspricht.“

Quelle: https://www.heise.de/tp/features/Das-schreit-geradezu-nach-Aufklaerung-3383769.html

Nachruf auf Dieter Deiseroth durch die Vereinigung deutscher Wissenschaftler

Weitere Informationen zu 9/11: Focus Money 2/2010 Artikel „Wir glauben euch nicht“

Nachtrag: Ein Kommentar vom Chefkommentator der Welt, Torsten Krauel, vom 13.02.2021 „Mit Guantánamo könnte Biden die USA in die nächste hitzige Debatte stürzen“ befasst sich mit dem Umstand, dass in Guantánamo immer noch 40 „Premium-Internierte“ und „Hochrisiko-Häftlinge“ inhaftiert sind, ohne dass diese bisher von den US-Justizbehörden oder US-Militärjustizbehörden angeklagt und von einem US-(Militär)Gericht wegen ihrer Beteiligung an den Terror-Anschlägen des 11. September 2001 verurteilt worden wären. Dieter Deiseroth hatte diesen Missstand in dem oben verlinkten Interview kritisiert und ein rechtsstaatliches Verfahren eingefordert. Mittlerweile ist diese Forderung in der amerikanischen Öffentlichkeit von verschiedenen politischen Gruppierungen immer wieder gestellt worden. Das Dilemma von US-Präsident Biden ist es, dass er ganz sicher die bereits von US-Präsident Obama versprochene Auflösung des Internierungslagers Guantánamo nicht ohne einen ordentlichen Prozess, einen Schuldspruch und die Überführung der Verurteilten in den regulären US-Strafvollzug veranlassen kann.
Zitat:
„Die Demokraten betrachten heute diese nur aufgrund äußerer Merkmale und familiärer Herkunft erfolgte kollektive Inhaftierung keineswegs mehr als leider notwendige Kriegsmaßnahme, sondern als Schande. In den Zeiten von „Black Lives Matter“ und „Cancel Culture“ kann auch der harte Umgang mit Terroristen allmählich für innerparteilichen Streit sorgen.

Die entscheidende Frage für die Auflösung Guantánamos ist deshalb: Würde die Akteneinsicht in die Anklage heute noch in demselben Maß CIA-Methoden und –Quellen gefährden wie bei der Einrichtung des Lagers 2002? Oder könnte Biden es riskieren, die 40 Internierten tatsächlich aufs Festland zu bringen und vor US-Gerichten anklagen zu lassen, wie es bei späteren Tätern der Fall war …

Guantánamo auf ewig zu behalten, bis die Internierten dort gestorben sind, ist aber auch keine Option. Das widerspräche amerikanischer Tradition, Geschichte, Rechts- und Verfassungsgrundsätzen. Guantánamo ist ein Spaltungsthema par excellence. … Biden will Amerika wieder mit sich selbst versöhnen. Eine hitzige Debatte über die Schließung wäre eine Garantie dafür, dass die nationale Versöhnung so schnell nicht gelingen wird. Fände Biden hingegen einen Weg, Guantánamo auf politisch, juristisch und sicherheitspolitisch einwandfreie Weise zu schließen, wäre wohl nicht nur Amerika, sondern auch die ganze westliche Welt ihm dankbar.“

Hinweis: Alle in diesem Blog vorgenommenen Darstellungen geben meine persönliche Meinung wieder. Diese Meinungsäußerung ist vom Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland geschützt. Bei diesem Blog handelt es sich um einen rein privaten Blog.

Kommentar verfassen